(9. März 2022) Retzstadt – Die Gemeinde Retzstadt und ihre Bürgerinnen und Bürger tun viel, um ihren Altort zu beleben. Dafür erhielten sie immer wieder Mittel aus verschiedenen Fördertöpfen – in Summe rund fünf Millionen Euro. Jetzt gibt es weitere finanzielle Unterstützung aus dem Bayerischen Dorferneuerungsprogramm, und zwar um das „Retschter Lädchen“ einzurichten. Jürgen Eisentraut, Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) Unterfranken, überbrachte am 9. März 2022 einen Zuwendungsbescheid über 254 500 Euro an die ehrenamtliche Geschäftsführung der Unternehmergesellschaft, die den Dorfladen in „Retzstadts neuer Mitte“ betreiben wird. Bürgermeister Karl Gerhard erwartet, dass dieses Angebot die Lebensqualität von Jung und Alt, von Einheimischen und Gästen nachhaltig steigern wird.
An der Hauptstraße errichtet derzeit ein Investor barrierefreie Mehrfamilienhäuser. Die insgesamt 17 Wohnungen im Ortskern eignen sich insbesondere für alleinstehende Senioren, bei einer Größe von zwei bis vier Zimmern aber auch für Paare und junge Familien; ein Kinderwagen ist ebenso wie ein Rollator ohne Schwellen am leichtesten zu bewegen. Und das i-Tüpfelchen: Im Untergeschoss dieses neuen Gebäudekomplexes ist ein Dorfladen mit Café vorgesehen, damit die Bevölkerung sich nah und schnell mit den Dingen des täglichen Bedarfs versorgen und dabei in netter Runde Neuigkeiten austauschen kann.
Die Gemeinde will die Räume erwerben. Um sie zu bewirtschaften, haben die Einwohnerinnen und Einwohner Retzstadts eine Betreibergesellschaft gegründet. Beginnend seit Mai 2019 zeichnen inzwischen 210 Anteilseignerinnen und -eigner ein Kapital von über 100 000 Euro – im Schnitt 486 Euro pro Person. Die Kosten der Ladeneinrichtung sind auf 318 700 Euro kalkuliert; der Zuschuss des ALE Unterfranken entspricht etwa 80 Prozent. Die Aufgaben der Geschäftsführung teilen sich Peter Feldbauer, Claus Hartenstein und Verena Körner-Wycisk. Dem Gesellschafterbeirat steht stellvertretende Bürgermeisterin Birgit Köhler vor.
Das Engagement für das „Retschter Lädchen“ in der Bevölkerung ist riesig. Viele bringen und brachten sich in Arbeitsgruppen ein. Der Dorfladen mit einer Verkaufsfläche von 145 Quadratmetern und weiteren gut 40 Quadratmetern für die Gastronomie, die im Sommer in den Hof ausgedehnt werden kann, soll sich von den üblichen Supermärkten abheben. So spielt bei einem Grundsortiment von voraussichtlich etwa 1600 Artikeln das Thema Regionalität eine große Rolle; und es sollen Dienstleistungen wie eine gekühlte Abholbox etabliert werden.
Alle Generationen sollen sich hier täglich zu einem warmen Mittagessen verabreden können. Zum Spätherbst beziehungsweise vor dem Jahreswechsel soll das „Retschter Lädchen“ eröffnet werden.
Das Projekt macht die Ortsmitte von Retzstadt attraktiver und ist wichtiges Puzzleteil im außerordentlichen, langjährigen Bemühen der politisch Verantwortlichen in Sachen Innenentwicklung. Die bayerische Staatsregierung würdigte dieses Konzept, indem sie den Staatspreis Land- und Dorfentwicklung 2020 an die fränkische Winzergemeinde verlieh. Retzstadt ist Vorbild für viele weitere Kommunen im ländlichen Raum dafür, wie man gemeinschaftlich erfolgreich an der Zukunftsfähigkeit arbeiten kann. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstreicht die Vorteile des Lebens auf dem Land. Eine entsprechende Themenwoche findet vom 7. bis 11. März 2022 statt.
Seit Einführung des Bayerischen Dorferneuerungsprogramms im Jahr 1982 hat das ALE Unterfranken im Landkreis Main-Spessart in enger Abstimmung mit den betreffenden Kommunen und der örtlichen Bevölkerung 32 umfassende Dorferneuerungen angegangen und inzwischen 21 beendet. Von 28 einfachen Dorferneuerungen sind 17 abgeschlossen. Dabei wurden Maßnahmen für rund 60 Millionen Euro umgesetzt – zur Hälfte finanziert über staatliche Zuschüsse.