Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken
Hendunger retten heimische Obstsorten vor dem Aussterben
(28. Oktober 2022) Hendungen – Die Gemeinde, der Heimatverein und die Teilnehmergemeinschaft (TG) Hendungen 2 der auf der Zielgeraden befindlichen Flurneuordnung ließen ein besonderes Streuobstprojekt Wirklichkeit werden. Damit retten sie das Gengut von zehn seltenen lokal vorkommenden Sorten des Apfels, der Birne und der Pflaume. Und sie stärken die Biodiversität in der Region.
An der Mellrichstädter Straße legten sie einen Streuobstgarten an; Vertreter der örtlichen Vereine pflanzten am 28. Oktober 2022 hier die Hendunger Mostbirne, die Hendunger Willers Birn, den Gelben Spilling, die Damason Renette, den Gelben Edelapfel, den Hendunger Zitronenapfel, den Hendunger Kirchmeßapfel, den Hendunger Weißapfel, den Seebaer Borsdorfer und die Hendunger Bergamotte. Zum anderen bekamen Privatpersonen 205 junge Bäume aus dieser Nachzucht für ihre eigenen Grundstücke. „Denn die Bevölkerung brennt für diese Sache“, freuen sich Bürgermeister Florian Liening-Ewert, Heimatvereinsvorsitzender Martin Balling sowie Heribert Römert, Vorsitzender des Vorstands der TG Hendungen 2 und Projektleiter beim Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken.
18 Hektar Ökofläche
In Hendungen läuft eine bemerkenswert große Flurneuordnung: Es gibt 328 Grundstücksbesitzer bei gut 1000 Hektar Fläche. Diese war ursprünglich zerstückelt in über 2200 Parzellen. Obwohl die beiden Flurlagen Hundsrück und Meilesgrube bewusst kleinteilig belassen wurden, um alte Obstanlagen und damit die Artenvielfalt zu erhalten, werden es künftig nur noch knapp 1250 Flurstücke sein. Für sogenannte Ausgleichsmaßnahmen wie beispielsweise zum Schutz der bedrohten Bachmuschel in der Bahra und ihren Zuflüssen wurden nicht nur die pflichtgemäßen drei, sondern in Wirklichkeit über 18 Hektar zur Verfügung gestellt. Dazu gehört auch die besagte rund 1550 Quadratmeter große Streuobstwiese, die der Heimatverein in Absprache mit der Gemeinde pflegen und bewirtschaften wird. Die Vorbereitungen, die jetzt in den Hendunger Obsttag mit Pflanzaktion mündeten, begannen bereits 2018.
Nachzucht aus „Fragmenten“
Bei der Hendunger Bergamotte (Birne) und dem Hendunger Kirchmeßapfel handelt es sich um zwei Sorten, von denen nur noch je ein Baum als „Fragment“ vorhanden war. Die Fladunger Firma JACOB-Baumpflege schaffte es, die alten Stämme nochmals zum Austreiben zu bringen und Reiser zu gewinnen. In der Baumschule Weiglein in Geesdorf bei Wiesentheid wurden sie auf sogenannte Unterlagen aufgepfropft und diese somit veredelt. Die Ursprungsbäume sind zwischenzeitlich abgestorben. Ohne die Initiative hätte der Besengau zwei heimische Obstsorten unwiederbringlich verloren. Experten wie Pflanzmeister Michael Hartung und Eusebius Stock, der örtlich Beauftragte für die Flurneuordnung, meinen: „Es war nicht fünf vor zwölf, sondern fast schon nach zwölf.“
Erholung im Schatten der Obstbäume
Bei der Nachzucht glückte laut TG-Vorsitzendem Römert gar ein „Überhang“ von etwa 45 Bäumchen. Die sollen etliche öffentliche Flächen bereichern in der Hoffnung, dass aus ihnen Rast- und Ruhebäume werden, wie sie trotz Mechanisierung an vielen Stellen der Hendunger Flur noch stehen: Gingen die Bauern früher mit ihren Zugtieren aufs Feld, konnten Mensch und Vieh sich nach kräftezehrender Arbeit im Schatten der Obstbäume erholen, bevor sie sich erneut anstrengen mussten.