(14. März 2023) Würzburg – Ortsbildprägende Gebäude in traditioneller Bauweise sollen erhalten bleiben – gegebenenfalls mit neuer Nutzung! Indem Kommunen und Privatpersonen die fränkische Baukultur bewahren, bleiben Dörfer und Städte mit ihren regionalen Eigenheiten zu erkennen, verlieren sie eben nicht ihre markanten Gesichter; beim Spaziergang durch manche Neubausiedlung wähnt man sich eher in der Toskana oder der Provence als in der hiesigen Gau- und Mittelgebirgslandschaft. Als Anreiz und Beleg dafür, dass historische Bausubstanz mit überschaubaren Kosten ertüchtigt und modernen Ansprüchen gerecht werden kann, hat eine Projektgruppe am Amt für Ländliche Entwicklung ALE) Unterfranken eine Ausstellung mit gelungenen Sanierungs-, aber auch Ersatzbaubeispielen konzipiert. Zudem hat sie eine Begleitbroschüre und zu jedem Objekt ein Datenblatt erstellt.
Fachleute aus Politik und Wirtschaft sowie aus Heimat- und Denkmalpflege konnten die Präsentation mit dem einprägsamen und aussagekräftigen Titel „Gut gebaut in Unterfranken“ schon im Februar 2023 im neuen Dorfgemeinschaftshaus in Esselbach kennenlernen. Dieser Komplex aus ehemaligem Wirtshaus und Erweiterung durch einen multifunktionalen Saal ist gewissermaßen selbst ein Exponat der Ausstellung. Bei den anderen mustergültigen Beispielen handelt es sich um Wohnhäuser beziehungsweise um jetzt dementsprechend genutzte frühere landwirtschaftliche Anwesen mit Stall und/oder Scheune.
Wie groß das Interesse an dem Thema in der Bevölkerung ist, zeigte sich am darauffolgenden Sonntag, als Ausstellung und Dorfgemeinschaftshaus einen Nachmittag lang der Allgemeinheit offenstanden: Rund 250 Gäste aus dem weiten Umkreis strömten herbei. Teilnehmergemeinschaften von Dorferneuerungen, Gemeinden und andere Organisationen können die 15 Roll-ups einschließlich Infomaterial zu sich holen. Terminanfragen bitte an die Stabsstelle Kommunikation und Medien des ALE Unterfranken unter pressestelle@ale-unterfranken.bayern.de.
Die interkommunale Allianz MainWerntal lädt im April aus Anlass des Bezugs eines neuen Büros in Arnstein als Erste ein zu erfahren, was Merkmale und Besonderheiten fränkischer Bauwerke sind sowie wie Eigentümerinnen und Eigentümer solcher unverwechselbarer Immobilien unterstützt werden – von der Initiativberatung bis hin zu Zuschüssen aus Förderprogrammen. „Baukultur geht uns alle an“, betonte Leitender Baudirektor Jürgen Eisentraut, Behördenleiter des ALE Unterfranken, in der Auftaktveranstaltung in Esselbach: „Nicht nur die öffentliche Hand, die Politik und die Architekten, nein auch private Bauherren sollten sich um eine Verbesserung der Qualität der gebauten Umwelt bemühen. Denn Baukultur gestaltet Zukunft.“
Eisentraut dankte allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich um ein positives Ortsbild kümmern: „Baukultur ist für sie ein Herzensthema, das ihren Ort lebenswert macht und zugleich Identität und Heimat stiftet – eine gute Entwicklung.“ Er hofft, dass die Ausstellung vielen Menschen Lust und Mut macht, regionaltypisch zu bauen und so vielleicht einen schwierigen, aber wichtigen Spagat zu vollziehen.
Evi Mohr, Stadtplanerin im Schweinfurter Büro SchlichtLamprechtKern, brach in Vertretung ihres Chefs Stefan Schlicht, dem Vorsitzenden der Kreisgruppe Unterfranken des Bundes Deutscher Architekten (BDA), eine Lanze dafür, „unsere Altorte als gute Stuben nicht gesichtslos“ werden zu lassen, sondern sie im besten Sinne weiterzuentwickeln. Nötig seien unabhängige Gemeindevertreterinnen und -vertreter, die mutig vorangehen, sowie Planerinnen und Planer mit Weitblick, die begeistern können.
Main-Spessart-Landrätin Sabine Sitter sprach von der Strahlkraft, die von den Gebäuden als „Zeugnisse der Vergangenheit“ ausgeht. Baukultur sei Lebenskultur, die das wohlige Gefühl der Geborgenheit vermittle. Sie appellierte, bei einem Bauvorhaben nie nur finanziell, sondern auch ideell zu denken. Landtagsabgeordneter Thorsten Schwab verwies in diesem Zusammenhang auf staatlicher Mittel der Dorferneuerung und der Städtebauförderung. ALE-Leiter Eisentraut ergänzte, dass seit Inkrafttreten des Bayerischen Dorferneuerungsgesetzes Anfang der 1980er-Jahre in Unterfranken über diese Schiene fast 500 Millionen Euro investiert worden seien.
Oft legen Hausbesitzerinnen und -besitzer auf den Baustellen selbst Hand an, erbringen eine enorme Eigenleistung. Diesen Einsatz würdigte das ALE Unterfranken bei den derzeit elf in der Ausstellung Vertretenen mit einer eigens entworfenen Baukulturplakette. Sieben kamen zur Verleihung nach Esselbach – unter anderem auch aus der hohen Rhön und von der Mainschleife; aus dem Main-Spessart-Kreis waren drei von vier anwesend.